Konkrete Ideen für Gemeinschaft in der Selbständigkeit

Dieser Artikel ist der zweite Teil des Artikels Gemeinschaft in der Selbständigkeit. Im ersten Teil haben wir uns mit den „theoretischen“ Grundlagen beschäftigt und hinein gefühlt in die Rolle, die Gemeinschaft in einer Selbständigkeit spielen kann.

Dazwischen haben wir einen ersten Aufschlag gemacht und versucht, unsere Prinzipien für einen vertrauensvollen Raum zu definieren.

In diesem Artikel wollen wir nun nochmal konkreter werden und ausloten, welche Formen solche vertrauensvollen Räume in der Praxis annehmen können.

Eine Collage mit gefüllten Beuteln und dem Wort „gemeinsam“

Wir wollen vorausschicken, dass es in einer gelebten Praxis nicht darum geht, alles bereits zu können. Sondern darum, etwas Sinnvolles zu üben. Das gilt nochmal mehr für Gemeinschaftsthemen, die ja per Definition mehrere Menschen enthalten, und somit im höchsten Grad lebendig sind und sein sollen.

Oder, wie eine Briefe-Leserin uns als Reaktion auf den ersten Teil des Artikels schrieb: Eine Gemeinschaft kann man nicht „haben“. Eine Gemeinschaft wird gelebt, mit allen Aufs und Abs, die dazu gehören.

In dem Wissen also, dass du dazu gehörst, dass du selber deine Räume und Gemeinschaften gestalten kannst und in dem Wissen, dass das immer ein Prozess ist: Hier nun ein paar Ideen, wie diese Gemeinschaft aussehen und wie sie gefunden werden kann.

Netzwerken (aber mit Thema)

Netzwerken kann sehr igittigitt sein, oder extrem inspirierend, und das hängt natürlich stark von der eigenen Einstellung dazu ab. Hier ist Ricardas Artikel zum Thema Netzwerken für Einzelselbständige, in dem es darum geht, dass man auch beim Netzwerken sehr gut mit dem Bauch voran arbeiten darf: Nur weil das Ding Netzwerktreffen heißt, muss man sich nicht anders benehmen als sonst.

Unser Top-Tipp für dich, wenn du neue Menschen kennenlernen willst in beruflichen Kontexten, mit denen du dann allerlei schöne Dinge auf die Beine stellen kannst: Finde einen Austausch über ein konkretes Thema.

Suche dir ein Thema, das dich ohnehin interessiert, und schaue nach, was für Gespräche dazu geführt werden – zum Beispiel auf einer Social Media Plattform, bei (digitalen) Veranstaltungen in deiner Nähe oder in Online Gruppenkursen für Selbständige. Alternativ kannst du dich auch in Räume begeben von Menschen, die ohnehin schon bestimmte Werte und Ideen leben - wir hätten da zum Beispiel die Wir-sind-nicht-alleine-Telko im Angebot :)

Den Mut aufbringen, dich zu zeigen

Dann – und dieser Schritt wird manchmal übersprungen – beteilige dich an diesen Gesprächen, stelle Fragen, teile deine Erfahrungen und Ressourcen. So findest du sehr schnell heraus, mit wem es „klickt“, und bist sichtbar für andere Menschen, bei denen es Klick macht, wenn sie dich sprechen und teilen hören.

Mit den Menschen, die du auf diese Weise kennen lernst, kannst du dann die weiteren Ideen dieser Liste ausprobieren.

Und ja, das braucht natürlich Mut. Der sich aber eigentlich immer lohnt.

An einem der Tage, an dem wir an diesem Artikel geschrieben haben, habe ich (Ricarda) einen gemeinsamen Mittagsspaziergang mit Annika Salingré gemacht, wir jeweils im eigenen Matsch und über Telefon verbunden. Annika ist seit einer Weile ein sehr inspirierender Teil unseres Netzwerks (und wir haben uns tatsächlich kennengelernt, weil sie an unseren Telkos teilnimmt). Bei diesem Spaziergang sprachen wir unter anderem über die Themen aus diesem Artikel, und Annika sagte so gute Sachen zum Thema Verletzlichkeit und wie man den Mut aufbringen kann, einer anderen, vielleicht fremden, Person eine Idee anzubieten, dass ich sie bat, uns ein paar Zeilen davon aufzuschreiben:

Ich habe mir „Auf manches kann mensch nicht alleine kommen“ über die Website geschrieben. Damit meine ich, dass eins plus eins meistens mehr als zwei ist. Und das wiederum ist meine Einladung an alle, ihre unvollständigen Gedanken und ihre Schnapsideen zu teilen. Selbst dann, wenn der Kopf skeptisch oder schüchtern ist, die innere Stimme sagt „das macht man nicht!“. Ich habe schon oft erlebt, das durch Teilen Neues entsteht. Ich habe meine unvollständigen Gedanken und Schnapsideen mit behutsamer Hand anderen entgegengehalten und viele haben sie mit wertschätzender Neugier vorsichtig in ihre Hände genommen. Manche haben sie bestaunt und mich bestärkt. Andere haben sie in ihre Obhut genommen und groß gezogen. Andere haben Glitzer drüber gestreut. Manches ist gereift und ich trage es weiter bei mir. Anderes liegt nun bei anderen. Manches tragen wir gemeinsam und manches staubt in irgendwelchen Schubladen ein.

Wenn ich mich öffne und teile, mache ich mich verletzlich. Doch immer habe ich etwas gewonnen. (In den seltensten Fällen war es nur eine Lektion aus meinen Fehlern.) Die Praxis des Öffnens und Teilens verstehe ich nicht mal als Netzwerken. Für mich ist das ein Prozess, der uns allen das Leben und Arbeiten leichter macht. Gemeinschaft schaffen kann, Fehler erlaubt, Unterstützung und Kokreation ermöglicht, Konkurrenz ad absurdum führen kann und entstehen lässt, wozu meine eigene Kreativität nicht im Stande war.

Hier kommen die Schnapsideen

Hier kommen nun also einige Ideen, vielleicht auch Schnapsideen, wie du dich mit anderen Selbständigen zusammen tun kannst, damit ihr euch gegenseitig unterstützen könnt. Und zwar im Sinne von gemeinschaftlichen, kokreativen Treffen, die gesetzt sind, die für euch alle wichtig sind, die allen anderen Aspekten deiner Arbeit dienen – und die nicht nur weitere To-Dos auf einer ohnehin schon zu vollen Liste sind.

Das ist ein besonders dringlicher Hinweis an Menschen, die weiblich sozialisiert und dabei darauf getrimmt wurden, sich um andere zu kümmern. Es geht hier nicht darum, dass du noch mehr unbezahlte Fürsorge-Arbeit übernimmst, sondern dass du bewusst Beziehungen suchst und pflegst, die dich genauso halten wie du die anderen darin hältst.

Deshalb noch die ganz wichtige Ergänzung: Wir empfehlen dir nicht, sofort alle diese Ideen auf einmal umzusetzen! Dann wäre dein Kalender nämlich um einen Schlag vermutlich deutlich zu voll. Lies dir die Ideen hier durch und spüre dann mal nach, welches Format für dich im Moment besonders interessant sein könnte – oder du erfindest ein ganz neues Format, was noch viel besser zu deinen Bedürfnissen passt. (Vielleicht magst du das dann mit uns teilen?)

Idee: Lesekreise

Ein Lesekreis (auch Book Club, Leseclub oder Literaturkreis genannt) ist im Kern einfach Lesen in Gemeinschaft, und stärkt beides.

Denn über die Texte, die ihr gemeinsam aussucht und über die ihr dann diskutiert, habt ihr bereits ein konkretes Thema (oder vermutlich eher sehr viele Themen), über die ihr euch kennenlernen könnt – siehe oben „Netzwerken mit Thema“.

Auf der anderen Seite ist ein Lesekreis ein super Format für Menschen, die gerne mehr (oder komplexere oder fremdsprachige) Bücher lesen wollen, es aber in ihrem Alltag  einfach nicht so richtig unterbekommen. Wenn ich weiß, dass wir am Dienstagabend über Tyson Yunkaportas Sand Talk sprechen werden, lese ich das Kapitel vielleicht eher und aufmerksamer, als wenn es keinen Termin dazu gibt.

Und für alle Beteiligten ist es sinnvoll, Texte aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und auch mal intensiver durchzuarbeiten und zu besprechen. So können wir ein Stück weit unserer Filterblase entgehen, indem wir den Meinungen und Eindrücken von anderen Menschen Raum geben, und dabei konzentrierte Aufmerksamkeit kultivieren.

Wir sind übrigens so angetan von dieser Idee, dass wir nächstes Jahr selber ein Lesekreis-Format ins Leben rufen werden – falls dich das interessiert, melde dich hier für die Briefe an, dann sagen wir dir Bescheid, wenn es losgeht.

Praktisch kann das genau so aussehen, wie das für euch als Gruppe Sinn macht. Hier sind ein paar Anregungen zu Grundsatzentscheidungen, die ihr vermutlich recht bewusst treffen wollt, weil sie großen Einfluss auf die Stimmung in eurem Lesekreis haben werden.

Grundsatzentscheidungen

  • Thema: Wollt ihr alle möglichen Texte lesen, oder nur welche zu bestimmten Themen, oder nur bestimmte Gattungen (wir empfehlen natürlich immer Lyrik)? Diese Entscheidung kann maßgeblich beeinflussen, wer auf euren Lesekreis aufmerksam wird und teilnehmen will.
  • Termin, Rhythmus und Umfang des Lesestoffes: Je nachdem, ob ihr eure Treffen tagsüber oder abends ansetzt, wird sich das Treffen eher nach Freizeit oder eher nach Arbeit anfühlen – der Termin (und eventuell, falls ihr euch analog trefft, auch der Ort) tragen somit stark zur Stimmung des Treffens bei. Bei der Terminfindung solltet ihr auch darüber nachdenken, wen ihr mit welchen Zeiten potenziell ausschließt, und natürlich auch was für ein Rhythmus für euch Sinn macht. Sprich: Wie viel Zeit ihr zwischen den Treffen braucht, um den nächsten vereinbarten Abschnitt des Buches beziehungsweise das nächste Buch zu lesen.
  • Gruppenzusammensetzung und -größe: Wollt ihr eine feste, vermutlich etwas kleinere Gruppe haben, die sich zu regelmäßigen Treffen verpflichtet – oder wollt ihr eine größere, losere Gruppe sein, die sich in immer unterschiedlichen Zusammensetzungen trifft? Digitale Treffen können oft etwas größer sein (brauchen aber eine bewusstere Moderation), vor Ort empfehlen wir pro Sitzung maximal 20 Menschen.
  • Diversität: Wie sorgt ihr dafür, dass wirklich unterschiedliche Menschen teilnehmen können und wollen, ihr somit eurer Filterblase entgeht und tatsächlich unterschiedliche Meinungen und Betrachtungsweisen in der Gruppe habt?
  • Prinzipien: Daran angedockt – welche Prinzipien sollen in eurer Gruppe gelten, damit sich diese unterschiedlichen Menschen so sicher fühlen, dass ein Austausch entstehen kann? Wer wird wie dafür sorgen, dass diese Prinzipien eingehalten werden?
  • Moderation: Soll jedes Mal die gleiche Person moderieren, oder wechselt ihr euch damit ab? Wie sorgt ihr dafür, dass alle Teilnehmenden gehört werden?

Beispiele

Eine Kundin von uns, Iris Thalhammer, hatte einen Book Club, bei dem sich ein fester Kern acht Jahre lang wöchentlich getroffen hat. Sie haben für jedes Treffen etwa 100 Seiten eines Buches gelesen – dieser Gruppe war es wichtig, dass sie wirklich gemeinsam durch ein Buch lesen und sich nicht erst treffen, nachdem man den ganzen Batzen gelesen hat (außer es war ein nicht so dickes Buch). Pro Treffen haben sich zu dem festen Kern noch weitere Menschen dazu gesellt, so dass die Gruppengröße oft bei etwa zehn Menschen lag. Darüber abgestimmt, was gelesen wird, haben sie anfangs über eine Facebook-Gruppe und später direkt beim Treffen, jeweils basisdemokratisch und nicht ganz so streng. Iris sagte dazu: „Wir haben auch mal nur über das Leben geredet, wenn sich das gut anfühlte oder vielleicht mal niemand Zeit hatte, irgendwas zu lesen.“

Die mehrsprachigen Theory Tuesdays in Zürich sind ein schönes Beispiel für einen weiter gefassten Lesekreis, der immer für alle Personen offen ist, die kommen wollen. Hier werden die wöchentlichen Texte jeweils von einer anderen Person ausgesucht und vorgestellt. Die Theory Tuesdays sind auch gleichzeitig ein schönes Beispiel davon, wie ihr eure Treffen auf einer Website archivieren könnt, falls ihr Lust dazu habt!

Idee: Arbeitszirkel / Co-Working

Ein Arbeitszirkel (oder auch Co-Working) ist eine Gruppe von Menschen, die sich zum gemeinsamen Arbeiten trifft – nicht alle an einem Projekt, sondern jede Person für sich, an ihren eigenen Themen.

Der Vorteil, das in einer Gruppe zu machen, ist motivatorisch: Wenn alle anderen auch gerade an ihrer Arbeit sitzen, ist man selber auch eher geneigt, dran zu bleiben. Deshalb eignet sich diese Form von Arbeit besonders gut für Sachen, von denen man weiß, dass sie wichtig sind, die man aber vielleicht eher auch mal verschiebt. Das regelmäßige Überarbeiten von Websites gehört dazu, oft auch so etwas wie Blogartikel fertig schreiben, Buchhaltung machen oder sich endlich um den Datenschutz kümmern.

Ein weiterer Vorteil vom Arbeiten in der Gruppe ist die Intelligenz der Gruppe: Wenn du an einer Stelle hängen bleibst oder ein kluges Feedback brauchst, kannst du kurz in deiner Gruppe nachhaken, ob jemand dafür eine Idee hat oder Lust hat, kurz auf deine Arbeit zu schauen.

Und ihr könnt am Ende eurer Sitzung gemeinsam feiern, dass ihr eure Themen angegangen seid! Was meistens schöner ist, als alleine zu feiern.

Grundsatzentscheidungen

Auch hier gibt es natürlich wieder ein paar Grundsatzentscheidungen zu treffen:

  • Thema: Wollt ihr alle an einem ähnlichen Projekt arbeiten, zum Beispiel alle an euren Websites, oder kann jede Person einfach mitbringen, was für sie gerade ansteht?
  • Termin und Rhythmus: Wollt ihr regelmäßige Termine vereinbaren? Sollen das ganz kurze Einheiten sein (zum Beispiel eine Stunde) oder wollt ihr euch gleich für einen ganzen Arbeitstag verabreden?
  • Digital oder analog: Digitales Co-Working ist hilfreich, weil niemand eine Anfahrt hat und alle ihre gewohnte Arbeitsumgebung. Als Werkzeug dafür könnt ihr zum Beispiel ein Gruppen-Videotelefonat führen, euch kurz mit Kamera an begrüßen und motivieren, dann die Kameras ausschalten und los arbeiten und zum Schluß noch eine kleine Feierrunde mit angeschalteten Kameras machen. Alternativ könnt ihr auch eine Forum-Software wie zum Beispiel Slack verwenden. Analoge Arbeitszirkel machen oft dann Sinn, wenn Menschen eh schon an einem gemeinsamen Ort sitzen, zum Beispiel in einem Co-Working Haus.
  • Gruppenzusammensetzung und -größe: Auch hier könnte eine feste, vermutlich etwas kleinere Gruppe, die sich zu regelmäßigen Treffen verpflichtet, genauso gut funktionieren wie eine größere, losere Gruppe, die sich in immer unterschiedlichen Zusammensetzungen trifft. Digitale Treffen können oft etwas größer sein, vor Ort kommt es sehr auf die Räumlichkeiten und die Art der Arbeit an. Wir empfehlen für analoge Arbeitszirkel maximal etwa acht bis zehn Menschen – wichtig ist, dass alle Teilnehmenden genug Ruhe haben, um konzentriert arbeiten zu können.

Beispiele

Wir arbeiten in all unseren Gruppenkursen mit digitalen Co-Working Formaten – besonders schön für uns ist, dass sich aus einigen Gruppen auch weit nach Ende des „offiziellen“ Kurses regelmäßige Co-Working Treffen ergeben haben. Diese Gruppen arbeiten selbstorganisiert gemeinsam weiter an ihren Websites und freuen sich sehr über die Motivation und den Schwung, die sie dadurch erhalten.

Auch die wöchentliche Sprechstunde des Selbstlernkurses ist eine Form von digitalem Co-Working – alle Teilnehmenden, die Mittwochmittag an ihren Websites arbeiten, können mir dann live alle Fragen stellen, die ihnen dabei auftauchen.

Ein weiteres Beispiel sind Schreibgruppen, die sich treffen, um mit mehr Fokus und Verbindlichkeit ihre jeweiligen Mammutprojekte, wie ein Buch oder eine wissenschaftliche Arbeit, weiter zu schreiben.

Idee: Mastermind Gruppen

Allmählich werden wir intimer mit den Formaten: Eine sogenannte Mastermind Gruppe ist eine relativ kleine, meist feste Gruppe von Selbständigen, die sich treffen, um sich über ihre Arbeit auszutauschen und sich gegenseitig Tipps und Anregungen zu geben.

Hier liegt der Fokus nicht auf dem gemeinsamen Umsetzen, sondern auf dem Blick aus der Vogelperspektive: Allein die Tatsache, dass du in bestimmten Abständen diesen vertrauten Menschen im Detail berichtest, wie deine Projekte laufen und welche Ziele du anpeilst, kann für sehr viel Klarheit sorgen.

Ein weiterer spannender Aspekt bei Mastermind Gruppen ist das, was oft als „Accountability“ bezeichnet wird: Wenn du in einer solchen Gruppe benennst, was du vorhast, werden die anderen nachhaken, ob du das auch umgesetzt hast. Das kann für manche Menschen hilfreich sein, tatsächlich in die Umsetzung zu kommen.

Grundsatzentscheidungen

Die wichtigsten Grundsatzentscheidungen hier sind:

  • Gruppenzusammensetzung und -größe: Da der Sinn einer Mastermind-Gruppe ja gerade ist, sich verletzlich und offen zeigen zu können, um dann wirklich passende Anregungen und Ideen zu bekommen und zu geben, ist die Zusammensetzung der Gruppe ziemlich relevant. Wenn ihr euch nicht bereits gut kennt, könnt ihr überlegen, ob ihr vor Start der eigentlichen Gruppe ein oder zwei Kennenlerntreffen veranstaltet, um ein Grundvertrauen aufzubauen. Die Gruppengröße sollte aus diesem Grund auch überschaubar bleiben, damit ihr euch wirklich untereinander kennenlernen könnt (viele Mastermind Gruppen arbeiten mit 4 bis 6 Personen).
  • Prinzipien: Auch hier gilt natürlich: Welche Prinzipien sollen in eurer Gruppe gelten, damit die Teilnehmenden sich so sicher fühlen, dass sie wirklich teilen, was in ihren Arbeitsprozessen gerade los ist? Wer wird wie dafür sorgen, dass diese Prinzipien eingehalten werden?
  • Ablauf: Wie wollt ihr eure Treffen strukturieren – soll zum Beispiel pro Termin jeweils eine Person das „Spotlight“ bekommen und alle brainstormen dann für diese Person und ihre Themen mit? Oder macht es für euch mehr Sinn, wenn bei jedem Treffen jede Person ein bestimmtes Zeitkontingent für ihre Fragestellungen erhält?
  • Moderation: Soll es überhaupt eine Moderation geben? Falls ja, soll jedes Mal die gleiche Person moderieren, oder wechselt ihr euch damit ab? Wie sorgt ihr dafür, dass alle Teilnehmenden gehört werden?
  • Termin und Rhythmus: Mastermind Gruppen machen dann am meisten Sinn, wenn die Gruppe sich wirklich kennenlernen kann, deshalb sollten sie auf jeden Fall langfristig gedacht und angelegt werden. Gleichzeitig sind es vermutlich ziemlich intensive Sitzungen, so dass ein gewisser Abstand zwischen den einzelnen Treffen angebracht sein kann – hier kann von ein paar Wochen bis zu mehreren Monaten dazwischen sehr viel funktionieren.

Beispiele

Wir kennen Masterminds hauptsächlich aus dem literarischen Bereich, wo sich Schreibende zusammentun, um Teile ihrer Arbeit vorzustellen und dann Rückmeldungen aus der Gruppe dazu zu erhalten. Dort funktionieren für uns beide derzeit die Modelle am besten, bei denen pro Treffen ein oder zwei Texte im Detail besprochen werden (was aber oft auch am Umfang und der Komplexität der Texte liegt).

Ansonsten haben wir mit Mastermind Gruppen noch nicht so viel Erfahrung – melde dich gerne bei uns, wenn du eine Mastermind Gruppe für Selbständige hast und uns von deinen gelebten Erfahrungen damit berichten willst!

Idee: Spiegelpartner:innen

Eine vergleichsweise einfache und flexible Mini-Gemeinschaft sind Spiegelpartner:innen – also Menschen, die dir Rückmeldungen zu deiner Arbeit geben und du gibst ihnen Rückmeldungen zu ihrer Arbeit.

Das geht wunderbar zu zweit, und kann eine Regelmäßigkeit bekommen (und durch die damit verbundenen Termine auch ein Ansporn sein, etwas bis dahin fertig zu stellen), oder einfach nach Bedarf passieren.

Grundsatzentscheidungen

Hier gibt es nicht so viele Grundsatzentscheidungen zu treffen, da es vermutlich eher ein gemeinsamer Prozess wird und ihr jederzeit alles anpassen könnt. Über folgende Punkte könntet ihr euch zu Beginn austauschen:

  • Was für eine Art von Feedback wünscht ihr euch von voneinander? Wie kommuniziert ihr diese Bedürfnisse (die sich vermutlich von Sitzung zu Sitzung verändern)? Dazu gehört zum Beispiel auch zu benennen, welche Stellen gesetzt und welche noch verhandelbar sind, und mit welchen Stellen du dich vielleicht noch sehr roh oder verwundbar fühlst.
  • Wer sind eure jeweiligen Wunschkund:innen? Das ist wichtig, da sich dann dein Gegenüber besser in diese für dich ja sehr relevanten Personen hineinversetzen kann, und dir damit relevantere Rückmeldungen geben kann (also nicht „Ich mag Lila halt nicht so gern“ sondern „Ich kann mir vorstellen, dass für deine Wunschkund:innen dieser Farbton folgende Assoziationen aufmacht …“).
  • Was für Arbeitstypen seid ihr – braucht ihr zum Beispiel eine feste Struktur, der eure Treffen jedes Mal folgen, oder seid ihr beide bereit, das einfach fließen zu lassen? Braucht eine:r von euch (falls eure Treffen digital stattfinden) eine Aufzeichnung von dem Gespräch? Wollt ihr die Zeit, die ihr euch gegenseitig gebt, begrenzen?

Beispiele

Ein schönes Beispiel für diese Art von kleiner Gemeinschaft sind die „Website-Buddies”, die oft aus unseren Kursen entstehen: Menschen, die sich auch nach dem Kurs verabreden für Feedback-Sitzungen oder um unsere Zweierübungen auszuprobieren.

Idee: Zusammenarbeiten

Aus all diesen Ansätzen kann es sich natürlich auch gut mal ergeben, dass du mit einer anderen Person (oder mehreren anderen) ein gemeinsames Projekt umsetzen willst, oder dass ihr sogar dauerhaft zusammenarbeiten wollt.

Das ist wunderschön, denn dann habt ihr schon eine Vertrauensgrundlage und gemeinsame Erfahrungen! Gleichzeitig kann es Sinn machen, mit kleinen und behutsamen Schritten weiter zu gehen, und euch viel Raum zum weiteren „beschnuppern“ zu geben.

Das bedeutet auch, die ersten Projekte so zu gestalten und zu legen, dass sie nicht mit viel Druck oder Dringlichkeit passieren müssen, und vielleicht auch nicht ganz so sichtbar sind – also zum Beispiel nicht mit einem großen gemeinsamen Online Kurs beginnen, den ihr öffentlich für in einem Monat ankündigt, obwohl ihr gerade erst loslegt.

So habt ihr einen sanfteren Raum, in dem ihr ausprobieren könnt, wie ihr gemeinsam tickt und wer welche Bedürfnisse hat.

Grundsatzentscheidungen

Die Grundsatzentscheidungen, die es hier zu treffen gilt, hängen natürlich stark von dem jeweiligen Projekt und seinem Umfang ab. Hier sind ein paar Punkte, über die ihr sprechen könnt:

  • Verantwortung: Wer hat für was welchen Hut auf? Wo tragt ihr gemeinsam die Verantwortung? Wer setzt was um? Was passiert, wenn bestimmte Sachen nicht erfüllt werden?
  • Arbeitstypen: Wer von euch braucht was für eine Struktur? Was habt ihr für Kommunikations-Vorlieben? Was könnte euch eventuell nerven, beziehungsweise hat euch in anderen Arbeitszusammenhängen genervt?
  • Geld: Wer bekommt wie viel von was? Je früher ihr hier ehrlich und transparent kommuniziert, umso mehr spätere Mißverständnisse spart ihr euch. Das gilt natürlich auch für rechtliche Grundlagen, falls ihr eine längerfristige gemeinsame Form wählt.
  • Außenkommunikation: Wie werdet ihr diese neue Arbeitsbeziehung nach außen kommunizieren? Wie benennt ihr öffentlich eure Rollen?

Beispiele

Kathrin und Ricarda! Wir haben uns über Social Media kennengelernt, uns nach und nach dort angenähert, dann über Telefon, dann über Zoom, dann in echt. Und wir haben mit vielen kleinen Projekten begonnen, bevor Kathrin dann die ersten Website-Wochen mit gehalten hat.

Die Patchwork-Plattform ist ein weiteres schönes Beispiel. Ricarda hat Alicia ebenfalls online kennengelernt, und sie haben sich nach und nach und über mehrere Projektchen aneinander heran getastet, bevor sie diese gemeinsame Plattform auf die Beine gestellt haben – die übrigens im nächsten Jahr wieder belebt werden wird ;)

Gemeinschaft lernen lohnt sich

Mit all diesen Ideen wollen wir vor allem sagen: Es stecken so so viele Möglichkeiten darin, wenn man sich zusammentut, egal wie lose oder wie fest, und ein Miteinander lebt. Banden bildet. Räume schafft zum Wachsen und zum Halten und zum Gehalten werden.

Das ist nicht immer einfach, weil wir a) alles Menschen sind und b) Gemeinschaft meist nicht gelernt haben. Der Individualismus unserer Zeit sitzt uns tief in den Knochen, er steckt in dem Mythos der Solopreneurin, die es ganz alleine schafft, der steckt in dem bitteren Stolz auf das, was wir uns im Alleingang erarbeitet haben.

Gleichzeitig glauben wir beide fest daran, dass die weichen, tiefen, warmen Möglichkeiten, die im gemeinschaftlichem Arbeiten liegen, das weit überstrahlen können – und eine viel stabilere Basis sind für die Welt, die wir eigentlich bauen wollen. 



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